Tag der Linzer Hochschulen 2024
Am Dienstag, den 12. November um 19:00 Uhr, fand der "Tag der Linzer Hochschulen" statt.
v.l.n.r. Gerold Lehner, Bischof Manfred Scheuer, Ille Gebeshuber, Florian Gisinger, Cornelia Erber, Paul Grünbacher
Diesjährige Referentin war Ille C. Gebeshuber, Professorin am Institut für Angewandte Physik an der Technischen Universität Wien.
Zum Tag der Linzer Hochschulen, einem jährlichen Vernetzungstreffen für Lehrende und Studierende der Linzer Hochschulen, haben auch heuer wieder die Katholische Hochschulgemeinde, die Evangelische Kirche OÖ, der Diözesanbischof Manfred Scheuer und das Forum St. Severin eingeladen. Diesjährige Vortragende war Ille C. Gebeshuber, Professorin am Institut für Angewandte Physik an der TU Wien.
Was können wir von der Natur lernen? Erstaunlich viel! Die fundamentale Wichtigkeit des Staunens betonte auch Gerold Lehner, Superintendent der Evangelischen Kirche A.B. Oberösterreichs. Es sei in einer anthropozentrisch orientierten Welt von wesentlicher Bedeutung: der Mensch ist nicht Meisterin der Natur, sondern Teil eines umfassenden Ökosystems. Die Frage „Was können wir von der Natur lernen?“ impliziere, die Natur als Meisterin zu sehen und dieser in einer Haltung der Demut zu begegnen.
Auch für Ille Gebeshuber ist das Staunen über die Natur und ihre Beschaffenheiten auf Nanomillimeter-Ebene Motor für ihre Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Bionik sowie Nanophysik. Ihr siebenjähriger Forschungsaufenthalt im malaysischen Dschungel vertiefte ihre Faszination für Pflanzen, Tiere und Phänomene in der Natur. Sie referierte auf unglaublich anregende Weise und mit Begeisterung über neue wissenschaftliche Wege in eine nachhaltige Zukunft am Beispiel von der Struktur von Schmetterlingsflügeln, Pfauenmoosfarn oder glasmachenden Kieselalgen. Herzensanliegen ihrer Forschung sei es, langfristig wirksame und ökologisch nachhaltige Lösungen zu finden.
Ille C. Gebeshuber
Schmetterlingsflügel sind hoch komplex und multifunktional – und überaus schön, betrachtet man das Schillern der Flügel in unterschiedlichen Farben! Diese Farbspiele entstehen durch unterschiedliche Nanostrukturen der Schuppen, aus denen Schmetterlingsflügel bestehen. Dieser Effekt kann beispielsweise bei der Schokoladenherstellung genutzt werden, indem die Oberflächenstruktur so geprägt wird, dass diese in Regenbogenfarben schillert (Tipp von Ille Gebeshuber: „Googeln Sie einfach ‚holografische Schokolade‘ und Sie werden Anleitungen finden, dies in kürzester Zeit selbst herzustellen!“).
Die Nanostruktur der Flügel sei zudem in der Lage, die Temperatur so zu regulieren, dass es nie zu heiß oder kalt ist. Dieser Effekt könnte in Zukunft angesichts der Konsequenzen der Klimaerwärmung von lebenserhaltendem Interesse sein. Stichwort ‚lebenserhaltend‘: Gebeshuber zitierte Albert Schweitzer und betonte mit ihm die Ehrfurcht vor dem Leben, die allem Forschen zugrunde liegen solle und auch einer Dominanzpositionierung des Menschen Einhalt gebiete. Wir seien Leben inmitten von Leben, das leben will. „So sind wir Brüder und Schwestern für alle Lebewesen“ (Schweitzer), betont sie mit einem Zitat in ihrer Präsentation. Dies bestimme die Art und Weise eines verantwortungsvollen Gestaltens dieser Welt.
Ihr Masterstudent Florian Gisinger erforscht in diesem Zusammenhang Zwetschken: Sie haben bestimmt schon einmal die hauchdünne weiße Schicht auf Zwetschken bemerkt – eine wachsartige Konsistenz, wenn man sie mit den Fingern verreibt. Die Oberflächenbeschaffenheit fungiert als Schutzschicht und könnte als ungiftige Alternative zu toxischen Pestiziden oder Insektiziden verwendet werden.
Florian Gisinger studentische Hilfskraft von Frau Gebeshuber
Viele Menschen können sich möglicherweise mit Bischof Manfred Scheuer identifizieren und fühlen sich „naturwissenschaftlich und technisch nicht sonderlich begabt“. Aber es gehe darum, unbedingt offen zu bleiben für die Frage, was wir von der Natur lernen können. Eine Frage, die wesentlicher und dringlicher denn je ist.