Samstag 20. September 2025

Gottesdienst oder Götzendienst, das ist hier die Frage

Sozialpredigt zum 3. Fastensonntag (4. März 2018), Lesejahr B

Gedanken zu Jo 2,13-22

 

Autorin: Mag.a Franziska Mair, Pastoralassistentin

 

„Mein Haus soll ein Haus des Gebetes genannt werden. Ihr aber macht daraus eine Räuberhölle.“ Mt 21,13

 

Stellen Sie sich vor: Jesus ist in einer gläubigen jüdischen Familie groß geworden. Am Sabbat versammelte sich die Familie, um zu beten, aus der Tora zu lesen. Das heilsame Wirken Gottes an Israel stand im Mittelpunkt des Singens und Betens.


Dann kommt Jesus nach Jerusalem, in den Tempel, dem „Wohnort“ Gottes inmitten seines Volkes. Was findet er vor? Anstatt Menschen, die singen, beten und Gott für sein Heilswirken am Volk Israel loben, betritt er eine Markthalle. Tiere, die vor Angst brüllen, da sie spüren, dass ihr Ende naht. Geldwechsler und Händler, die durcheinander schreien und ihre Waren anpreisen.
Großer Lärm erfüllt den Tempel. Dazu kommen der Gestank und der Schmutz, den die Tiere verursachen; Fäkalien, Blut und Urin verschmutzen den Boden.

 

Wo soll da jemand zur Ruhe kommen?

 

Wo entsteht eine Gemeinde, die das Wirken Gottes am Volk Israel preist?
Wo gelingt es da Menschen still zu werden und sich auf Gott (JHWH) aus zu richten?
Mit Jesus fragt man sich: Braucht Gott all das Geld, die Schlachtopfer, den riesigen Tempel? Oder wird da mehr einem Götzen gehuldigt, den sich die Menschen geschaffen haben? Vielleicht um ihre Macht abzusichern, um sich zu bereichern oder um wichtig zu sein, gesehen zu werden?


Jesus, der Jude aus dem kleinen Dorf Nazareth ist entsetzt und reagiert dementsprechend wütend. Er vertreibt die Händler und provoziert so seine Landsleute, die vom Tempel leben.


Jesu weiß sich in der Tradition der Propheten. Auch Jesaja (Jes 1,11-17), Jeremia (Jer 7,1-11) und Amos (Am 5,21-24) haben den Opferkult und den Tempel kritisiert: „Ich hasse eure Feste, ich verabscheue sie und kann eure Feiern nicht riechen. Wenn ihr mir Brandopfer darbringt, ich habe kein Gefallen an euren Gaben und eure fetten Heilsopfer will ich nicht sehen…“(Am 5,21-22)

 

Jesus betont in seinem Reden und Wirken, dass Gott nur in einem würdigen Maß verehrt wird, wenn man bereit ist, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Er fühlt sich zu jenen gesandt, die am Rande der damaligen jüdischen Gesellschaft lebten: Witwen, Waisen, Kranke, von Dämonen Besessene, Prostituierte, Zöllner, durch Ausbeutung verarmte Menschen.


Jesus lebt und predigt, was schon Jeremia der Führungsschicht vor dem babylonischen Exil gepredigt hat: „So spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels: Bessert euer Verhalten und euer Tun, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort. Vertraut nicht auf die trügerischen Worte: Der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn ist dies! Denn nur, wenn ihr euer Verhalten und Tun von Grund auf bessert, wenn ihr wirklich gerecht entscheidet im Rechtsstreit, wenn ihr die Fremden, die Waisen und Witwen nicht unterdrückt, unschuldiges Blut an diesem Ort nicht vergießt und anderen Göttern nicht nachlauft zu eurem eigenen Schaden, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort, in diesem Land…“ Jer 7,3-7a

 

In ähnlichen Worten formuliert es der Prophet Jesaja:  „Was soll ich mit euren vielen Schlachtopfern?, spricht der Herr. Die Brandopfer von Widdern, und das Fett von Mastkälbern habe ich satt und am Blut der Stiere, Lämmer und Böcke habe ich kein Gefallen… Wascht euch, reinigt euch! Schafft mir eure bösen Taten aus den Augen! Hört auf Böses zu tun! Lernt Gutes zu tun! Sucht das Recht! Schreitet ein gegen den Unterdrücker! Verschafft den Waisen Recht, streitet für die Witwen!“ Jes 1,11-17


Gottesdienst oder Götzendienst ist hier die Frage.

 

Was braucht es, um Gott zu dienen, ihm Raum in unserem Leben zu schenken?

 

Es scheint ein Grundbedürfnis von Menschen zu sein, sakrale Bauten zu errichten, sozusagen das Göttliche im Raum zu verankern. Dazu braucht es Geld. Nur wenn dieses Sammeln von Geld Dimensionen annimmt, wo es nur mehr um Reichtum und Macht geht, wird die Beziehung zu Gott in den Hintergrund gedrängt. Martin Luther hat vor 500 Jahren in erster Linie den Ablasshandel, die unermessliche Geld- und Machtgier der Renaissancepäpste kritisiert.

Hätte das nicht auch Jesus getan?

 

Im Laufe der Jahrhunderte sind immer wieder Menschen aufgestanden, die sich am Leben und Wirken Jesu orientierten: Franz von Assisi, Elisabeth von Thüringen, Mutter Teresa und viele andere. Wahrer Gottesdienst, wahre Gottesverehrung zeigt sich darin, wie ich mit meinem/r Nächsten umgehe. Dazu gehören nicht nur Freunde, Familienangehörige oder Landsleute, sondern auch jene, die am Rande der Gesellschaft stehen: psychisch Kranke, behinderte Menschen, Flüchtlinge, ArmutsmigrantInnen….

Diese Herausforderung gilt auch für uns heute!

 

Dahingehend verstehe ich die Aufforderung von Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Evangelii Gaudium“: „Mir ist eine „verbeulte“ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist. Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist, der Mittelpunkt zu sein, und schließlich in einer Anhäufung von fixen Ideen und Streitigkeiten verstrickt ist. Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben, ohne eine Glaubensgemeinschaft, die sie aufnimmt, ohne einen Horizont von Sinn und Leben. “

 

Was sind die Götzen, um die wir kreisen, damals wie heute?

 

Die Gier nach Macht: was wird nicht alles versucht, um Macht zu gewinnen. Der Nächste ist Statist, der dem Bestreben der Machthungrigen zu dienen hat. Er wird „gekauft“, kontrolliert oder diffamiert, wenn er sich den Interessen der Mächtigen entgegen stellt.

 

Die Gier nach Geld und Reichtum: Es ist genug für alle da. Und doch gelingt es Menschen seit Jahrtausenden Reichtum, Besitz und Geld anzuhäufen. Ihr ganzes Herz hängt am Glanz, am Luxus. Die Angst, es zu verlieren ist groß. Der Arme wird als Bedrohung gesehen.

 

Die Gier nach Prestige und Anerkennung: die sozialen Medien sind voll von Menschen, die gesehen und bewundert werden wollen. Alles dreht sich um das eigene Ego. Der Nächste ist dazu da, um zu bewundern.

 

Jesus hat uns einen anderen Weg gezeigt: „Der Größte unter euch soll euer Diener sein“ (Mt 23,11), „Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon (Geld)“, Mt 6,24 „Hütet euch, eure Gerechtigkeit zur Schau zu stellen“ Mt 6,1.

 

Gottesdienst und den Dienst am Nächsten kann man nicht trennen! Und den Dienst am Nächsten kann man in einem kurzen Satz Jesu, bekannt als die goldene Regel, zusammenfassen: „Alles was ihr von den anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten“ Mt 7,12.

 

Download: Sozialpredigt

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