Waldweide

Waldweide - ein alter Weg zu neuer Vielfalt
Peter Prack
Was es über die Beweidung zu berichten gibt, bringt Vieles erneut zur Sprache, was über den Heidewald schon gesagt wurde – sein Charakter als lichter, halboffener und damit besonders artenreicher Lebensraum kann durch sie sehr wesentlich gesteigert werden.
Produktivität versus Vielfalt
Die Beweidung von Wäldern war früher gang und gäbe und wurde erst im letzten Jahrhundert systematisch zurückgedrängt, vor allem, weil Weidetiere den Jungwuchs schädigen können. Was forstwirtschaftlich und im Bergraum auch zur Verbesserung der Schutzwaldwirkung sinnvoll war und ist, führt aber zu dichteren, artenärmeren Beständen. So ist es sicher mehr als gerechtfertigt, lokal Beispiele der früheren Nutzung und Vielfalt wieder erstehen zu lassen.
Im Kapitel 1 zum Heidewald wurde bereits erklärt, dass der schottrig-flachgründige Boden diesen Wald mineralstoffarm („mager“) und damit für eine große Zahl an schwachwüchsigen, konkurrenzschwachen Arten geeignet machte. Wo das Streurechen (die Gewinnung von Laub für die Ställe) und die Beweidung dazukamen, lichtete sich der Bestand weiter auf. Das war mit Sicherheit auch hier der Fall. Im lokal üblichen Namen Hoad, Heide, kommt der ehemals lichtere Zustand noch zum Ausdruck. Er hat in vergleichbaren Waldtypen bis weit ins letzte Jahrhundert bestanden und ist immer noch Mitursache des gegenwärtigen Waldbildes.
Jetzt geht es darum, den Heidecharakter und die damit verbundene große Artenvielfalt wieder zu verstärken: Der anderswo gefürchtete Verbiss von Sträuchern und Jungwuchs wird in kontrollierter Weise zugelassen. Ein Monitoring, die fachliche Beobachtung der Entwicklung, wird sicherstellen, dass die Auflichtung nicht zu weit geht – der Waldcharakter muss erhalten bleiben. Schafe und Ziegen verbeißen stärkere Bäume nicht, und die Zahl der Weidetiere wird auf die Entwicklung abgestimmt. Außerdem werden häufige Sträucher, vor allem die Haselnuss, auf einigen Teilflächen entnommen. Bei dieser sogenannten Schwendung werden Bäume konsequent geschont.
Vielfalt am Wegesrand
Insekten lieben warme, schöne Tage. Wenn man bei solchem Wetter aufmerksam durch diesen Wald geht, wird man entlang des etwas breiteren Weges mitten durch das Gebiet mehr Schmetterlinge sehen als im Waldesinneren. Warum ist das so? Die Antwort ist einfach: Dort kommt mehr Licht zum Boden, dadurch entfaltet sich eine Vielfalt an Kräutern, und diese sind die Nahrung für viele spezialisierte Insekten. Von denen fallen uns die Schmetterlinge am meisten auf.
Durch die Weidetiere entstehen auch im Waldesinneren lichte, krautreiche Stellen. Seltene Pflanzenarten profitieren – sie kommen wieder zahlreicher vor und geben damit mehr Nahrung für mindestens ebenso seltene Insekten. Auch mit dem Wiederauftauchen verschwundener Arten aus alten Samenreserven im Boden ist zu rechnen. Weiters können gefährdete Arten aus nahen Wäldern ähnlichen Typs, etwa dem 5 Kilometer weiter südlich liegenden Winklinger Wald, hier eingebracht werden. Für die Tiere liegt die Hoffnung in ihrer eigenen Ausbreitungsfähigkeit, vor allem bei den flugfähigen Insekten.
Strukturvielfalt
Neben den Futterpflanzen benötigen die Insekten eine passende Struktur des Lebensraums – Licht, Wärme und freien Flugraum. Wie erwähnt, sind Wirtschaftswälder mehr oder weniger eintönig mit oft gleichaltrigen Bäumen dicht bestockt. Außerdem grenzen sie fast überall in gerader Linie an die benachbarten Flächen, bei uns im Alpenvorland meist an Äcker oder Straßen, kaum noch an artenreiche Wiesen. Gerade die Rand- und Übergangszonen sind bzw. wären aber besonders artenreich! So gibt es den Begriff „Saumpflanze“ – eine ganze Reihe selten gewordener Arten bevorzugt die Ränder von Lichtungen und Wäldern. So könnte etwa der Blut-Storchschnabel, eine wunderschöne Art, deren Name die Blütenfarbe treffend bezeichnet, aus nahen Restvorkommen hier eingebracht werden. Er kommt im Unteren Ennstal noch da und dort vor, gilt aber im oberösterreichischen Alpenvorland als „stark gefährdet“ (Rote Liste der gefährdeten Pflanzenarten Oberösterreichs). Auch der „Waldmantel“, der tief herunter beastete Waldrand mit vorgelagertem Strauch- und Krautsaum, ist eine besonders wertvolle Zone, die nur noch ganz selten in guter Ausbildung zu finden ist: Holz produziert er kaum, und dem benachbarten Acker nimmt er doch ein paar Meter.
Mehr Schmetterlinge
Stellvertretend für alle Insektengruppen sei für die Falter die Prognose eines in der Gegend gut bewanderten Experten wiedergegeben – sie zeigt sehr eindrucksvoll, worum es geht (Dank an Dr. Erwin Hauser, Wolfern): Zu den Schmetterlingen, die sicher profitieren werden, gehören:
- Kaisermantel (Argynnis paphia) – Raupe an Veilchenarten.
- Russischer Bär /Spanische Fahne (Euplagia quadripunctaria, nach EURecht geschützte Art) – Raupen nicht eng spezialisiert.
Diese Auwaldarten sind aufgrund der nahen Enns hier zu erwarten:
- Schillerfalter (v.a. der Kleine – Apatura ilia) – Raupen an Zitter und Schwarz-Pappel.
- Kleiner Eisvogel (Limenitis camilla) – Raupen an Roter Heckenkirsche.
Zipfelfalterarten bewohnen innere und äußere sonnige Waldmäntel. Ihre Raupen sind an Gehölzarten gebunden. Satyrium w-album an Ulme, Satyrium spini an Kreuzdorn, Thecla betulae und Satyrium pruni an Schlehdorn.
Weitere Offenland-Tagfalter und Widderchen der Umgebung werden in den stärker aufgelichteten Wald einwandern, darunter etliche Arten, deren Raupen an Brennnesseln leben (Tagpfauenauge, Landkärtchen, C-Falter). Ebenso werden diverse Weißlinge profitieren, darunter der Zitronenfalter (Raupen an Faulbaum und Kreuzdorn) und Bläulinge (Faulbaumbläuling). Natürlich wird auch der eine oder andere Wanderfalter begünstigt werden (Distelfalter, Admiral).
Zum Schluss dieses kleinen Falterreigens eine motivierende Diagnose im wörtlichen Zitat:
Blaukernauge/ Blauäugiger Waldportier (Minois dryas) – Raupen an Gräsern magerer Wiesen: Dr. Hauser schreibt: „Diese Art kommt in OÖ nur sehr lokal vor (Zentren sind Unteres Trauntal sowie Winkling bei Kronstorf). Man findet sie bevorzugt an Pfeifengras auf Lichtungen. Es wäre schön, wenn sie in den Unterhauser Heidewald expandieren könnte!“
Art der Beweidung
Die Beweidung wird hier mit einer alten Schafrasse durchgeführt, die besonders widerstandsfähig ist. Dabei ist besonders an das Soay-Schaf gedacht. Die relativ kleinen und leichten Tiere sind sehr robust und besonders problemlos in Lammen. Außerdem benötigen sie keine Schur – das kurzwollige Vlies (Haare im Winter 3-5cm) wird auf natürliche Weise abgestreift. Den Tieren steht ein Unterstand zur Verfügung, mehr weil es das das Tierschutzgesetz vorsieht als weil es nötig wäre. Die Schafe können ganzjährig und bei jeder Witterung im Gelände bleiben.
Die Rassenwahl zielt auf problemlose, arbeitssparende Haltung ab, der Ertrag steht im Hintergrund. Die „Aufgabe“ der Tiere ist die Biotoppflege. Zum Schutz der Schafe ist der Zaun erforderlich. Die Tiere dürfen von BesucherInnen nicht gefüttert werden – das könnte ihre Gesundheit gefährden. Es gibt im Inneren der Weide einen Futterplatz und eine Tränke für Mangelzeiten.